Interview mit Autorin Renate Behr

Heute möchte ich euch wieder eine schreibende Kollegin vorstellen: Renate Behr. Sie schreibt Regional-Krimis, hat aber auch schon einen Ratgeber verfasst. Herzlich willkommen, es freut mich, dass du mir ein paar Fragen beantworten möchtest! Möchtest du dich vielleicht kurz vorstellen?

 

Renate: Mein Name ist Renate Behr. Ich wohne in Ascheberg-Herbern im südlichen Münsterland. Meine erste Buchveröffentlichung hatte ich im Jahr 2006. Inzwischen sind es mehr als 20 Romane und diverse Kurzgeschichten in unterschiedlichen Anthologien. Neben dem Schreiben und dem Lesen ist mein Hund Lord mein größtes Hobby. Viel mehr gibt es über mich eigentlich nicht zu sagen. Ich bin sehr froh, dass ich es geschafft habe, aus meinem Hobby einen Beruf zu machen.

 

Lia: Neben deiner Autorenhomepage gibt es auch eine eigene Webseite für den von dir erfundenen Kriminalkommissar Jens Wischkamp. Möchtest du ihn uns auch vorstellen?

 

Renate: Meine ersten vier Bücher spielen in Kanada und Alaska. Das geht zurück auf eine Reise in diese Gebiete aus dem Jahr 1998. Damals war der 100. Geburtstag des Goldrausches am Yukon. Das alles hat mich so fasziniert, dass ich daraus eine Romanreihe mit vier Bänden gemacht habe, die in der Brighton Verlag GmbH in Framersheim erschienen sind. Nach dem vierten Teil wollte ich etwas anderes machen. Damals boomten Regional-Krimis und ich dachte mir, das probiere ich auch mal. So war mein Kommissar Jens Wischkamp geboren, der in und um Werne an der Lippe ermittelt. Diese Krimis waren von Beginn an sehr erfolgreich und deshalb wächst diese Reihe immer weiter. Dabei beleuchte ich natürlich auch immer die private Entwicklung meines Ermittlers und seiner Familie.

 

Lia: Wie bist du auf die Idee zu deinen Thüringen-Krimis gekommen? Wie recherchierst du?

 

Renate: Die Idee, Thüringen-Krimis zu schreiben, stammt eigentlich von meinem Mann. Er ist in Sonneberg in Thüringen geboren und meine Schwiegermutter hat mir, als sie noch lebte, viele Geschichten über diese Stadt erzählt. So entstand der erste Thüringen-Krimi „Sonneberger Puppenspiel“. Wir verbringen regelmäßig Urlaub in Thüringen und also habe ich dort auch eine Lesung aus diesem Krimi gehabt. Der Erfolg war für mich überwältigend, sodass ich beschloss, auch daraus eine Reihe zu machen, die ihre Fortsetzung in Band 2 „Verschwunden am Rennsteig“ fand. Eigentlich sollte der dritte Teil schon 2019 erscheinen, aber der Verlag ging in die Insolvenz. 2020 habe ich jedoch mit dem BLITZ Verlag wieder eine neue Chance zur Veröffentlichung bekommen. „Tod am Dreiherrenstein“ wird dort als „Oberhof-Krimi“ angeboten und eigentlich hätte es dieses Jahr im Juli eine Lesereise geben sollen. Die muss aufgrund der Corona-Infektionsgefahr nun leider ausfallen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, ich hoffe, es klappt dann im nächsten Jahr.

Meine Recherchen nehme ich sehr genau. Ich habe bereits für meine Werne-Krimis die Polizei besucht, mit der Staatsanwaltschaft gesprochen und war sogar bei einer Obduktion in der Gerichtsmedizin in Dortmund dabei. Die landschaftlichen Gegebenheiten kenne ich aus eigener Anschauung. Ich lege Wert darauf, möglichst realitätsnah zu schreiben.

 

Lia: Wie entwirfst du generell eine Geschichte? Wie fängst du an?

 

Renate: Wenn ich Krimis schreibe, überlege ich mir zunächst, um welche Art von Verbrechen es gehen soll und denke mir einen Arbeitstitel aus. Die besten Ideen kommen mir immer bei ausgedehnten Spaziergängen mit meinem Hund. Meist fängt es an mit einem Dialog, der sich in meinem Kopf entwickelt und den ich dann aufschreibe, sobald ich zuhause bin. Die Geschichte selbst entwickelt sich eigentlich von ganz allein beim Schreiben. Das heißt, ich weiß selbst zu Beginn noch gar nicht so genau, wohin mich das führt. Meine Protagonisten führen sozusagen ein Eigenleben. Das bedeutet natürlich manchmal auch, dass der Anfang nicht mehr zum Rest der Geschichte passt und ich Teile komplett neu schreiben muss. Aber genau das macht für mich das Schreiben so spannend. Weil das Ende eigentlich bis zum Schluss immer offen ist.

 

Lia: Du hast ja auch in einem Autoren-Duo einen Ratgeber geschrieben zum Thema Legasthenie mit Jack Tengo, wie lief das ab – zu zweit ein Buch zu schreiben?

 

Renate: Ratgeber ist hier sicher nicht der richtige Ausdruck. Es ist mehr der Erfahrungsbericht eines Legasthenikers, was ihm im Alltag so für Schwierigkeiten begegnen. Ich habe meinen Co-Autor Jack Tengo kennengelernt, als ich Laiensprecher für ein Hörspiel zu meiner Werne-Krimi-Reihe gesucht habe. Er passte ganz genau zu einer Rolle, die ich noch zu vergeben hatte. Dass er Legastheniker ist, habe ich erst sehr viel später erfahren. Seine Sprecherrolle (er spricht übrigens professionell auch andere Hörspiele ein) hat er jedenfalls mit Bravour gemeistert.

 

Eines Tages kam Jack Tengo dann zu mir und meinte, er habe auch etwas geschrieben und ob ich mir das mal anschauen würde. Als ich die Texte in die Hand bekam, war ich zunächst ziemlich überfordert. Bedingt durch seine Legasthenie waren sie mit sehr vielen Fehlern behaftet und schwer zu lesen. Aber in seinen Texten steckte ein sehr feinsinniger Humor und der Willen, sich nicht von dieser Einschränkung unterkriegen zu lassen, hat mich sehr beeindruckt. Daraus entstand dann die Idee, daraus ein Buch zu machen. Ich habe hier quasi nur als „Übersetzerin“ fungiert. Das heißt, alle Originaltexte von Jack Tengo sind im Buch und nach jedem Kapitel folgt dann meine Version, die jeder ohne Schwierigkeiten lesen kann. Es ist mir gelungen, einen bekannten Logopäden aus Dortmund dazu zu bewegen, uns ein Vorwort und eine Nachbetrachtung zu dem Buch zu schreiben, quasi aus fachlicher Sicht. Er war von dem Projekt so begeistert, dass er uns von Anfang an perfekt unterstützt hat. Hier muss ich auch der Brighton Verlag GmbH noch einmal großen Dank für die Veröffentlichung aussprechen, denn ein solches Buch liegt sicher abseits vom Mainstream.

 

Lia: Im Blitzverlag erscheinen einige deiner Krimis und sie sind eher kurz, dafür hast du Kommissar Wischkamp jetzt für wie viele Fälle begleitet?

 

Renate: Meine Krimis sind grundsätzlich eher kurz. Wenn eine Geschichte für mich rund ist, dann ist sie fertig. In der Regel schreibe ich so zwischen 46.000 und 50.000 Worte. Gerade die Tatsache, dass die Bücher nicht so umfangreich sind, hat mir sehr viele Leser eingebracht. Inzwischen schreibe ich übrigens am 13. Band meiner Werne-Krimi-Reihe mit Hauptkommissar Jens Wischkamp, der noch dieses Jahr erscheinen wird. Jedes Jahr ein neuer Werne-Krimi, heißt meine Devise, jedenfalls, solange mir die Ideen nicht ausgehen.

 

Lia: Unter dem Pseudonym Ronda Baker-Summer veröffentlichst du im Traumfänger Verlag auch Thriller. „Der Fluch von Fort Henry“ erschien 2013. Wie hast du diesen Verlag gefunden?

 

Renate: Das war eine Empfehlung. Der Traumfänger Verlag veröffentlicht überwiegend Literatur über die First Nations in den USA. In „Der Fluch von Fort Henry“ geht es zwar um die First Nations an der kanadischen Ostküste, dafür ist aber ein Bestandteil auch der Bericht über die „Residencial Schools“, dem der Traumfänger Verlag ein eigenes Buch, geschrieben von einer Betroffenen, gewidmet hatte. Nachdem meine Aussagen zu den Indianerstämmen von einem Experten für Indianistik geprüft worden waren, hat mir der Verlag das Angebot zur Veröffentlichung gemacht und das habe ich bis heute nicht eine Sekunde bereut. Meine Leser fordern seit Jahren eine Fortsetzung, mit der ich dieses Jahr begonnen habe. Da hier aber die Recherchen sehr aufwändig sind, wird es sicher noch eine Weile dauern, bis es Neues von meinem Progatonisten „Duncan Bright“ geben wird.

 

Lia: Könntest du dir vorstellen, auch in anderen Genres zu schreiben?

 

Renate: Zumindest Kurzgeschichten habe ich bereits in den unterschiedlichsten Genres geschrieben. Da gibt es Märchen, heitere Alltagsgeschichten, eine Vampirgeschichte und sogar Dark Horror und Science Fiction. Aber im Augenblick halten mich immer noch meine Regionalkrimis in Atem.

 

Lia: Erinnerst du dich an ein erstes Lieblingsbuch? Gab es eins, das in dir den Wunsch wecken konnte, selbst zu schreiben?

 

Renate: Ich habe eigentlich immer schon geschrieben, aber zu Anfang nie für die Öffentlichkeit. Besonders beeindruckt haben mich die Bücher von Clive Cussler, die auch meinen Schreibstil sicher ein wenig beeinflusst haben. Er hat häufig mit einem historischen Prolog begonnen, das mache ich zum Beispiel bei meinen Thüringen-Krimis auch.

 

Lia: Hast du schon mal einen Wettbewerb mitgemacht, um eine Kurzgeschichte oder einen Roman einzuschicken?

 

Renate: Ich habe an einigen Wettbewerben teilgenommen. Häufig sind es Schreibwettbewerbe für Kurzgeschichten und der Anreiz ist dann eine mögliche Veröffentlichung in einer Anthologie. Hier war ich auch sehr häufig erfolgreich. Aber es gab auch schon kleinere Preise wie zum Beispiel den Förderpreis der Stadt Marl im Wettbewerb „Fluss, Stadt, Land“ für meine Geschichte „Der Russenkopp“ oder den zweiten Platz im Wettbewerb des Candela Verlags für die Anthologie „Cruor“, der auch mit einer Barvergütung ausgestattet war. Hier hieß mein Beitrag „Zurück nach Köln“.

 

Lia: Was magst du am Autorensein am liebsten, was gar nicht?

 

Renate: Ich liebe es, Autorin zu sein und es gibt gar nichts, was ich daran nicht mag. Ich kann meiner Fantasie freien Lauf lassen, muss mir inzwischen keine Gedanken mehr über die Verlagssuche machen. Meine Bücher haben ja bereits ihr festes Zuhause gefunden. Ich kann arbeiten, wann immer ich Ideen im Kopf habe. Das ist ein ganz besonderes Gefühl von Freiheit, die ich in meinem regulären Arbeitsleben natürlich nicht hatte.

 

Lia: Ich persönlich liebe ja Steckbriefe und jetzt ist es schon fast Tradition, dass ich am Ende eines Interviews auch ein paar Steckbrieffragen stelle, hier kommen sie also:

 

Welches Buch liegt auf deinem Nachttisch?

 

Im Augenblick: Auf Ehre und Gewissen von Elizabeth George

 

Lieblingsschriftsteller*in?: Clive Cussler

 

Lieblingsbuch?: Schwer zu sagen, es gibt so viele. Alles von Clive Cussler, Tom Clancey, Ken Follett und, und, und …

 

Lieblingsmusik?: Deutsche Schlager, Oldies, Country-Musik

 

Lieblingslied?: Country Roads von John Denver

 

Lieblingsfilm?: Immer wieder Pretty Woman

 

Lieblingsserie(n)?: Alle amerikanischen Krimiserien

 

Lieblingskrimi?: Der Knochenjäger mit Denzel Washington

 

Lieblingsort?: Mein Büro, mein Garten, der Thüringer Wald und immer wieder Kanada

 

Lieblingsessen?: Pasta, Pizza und Co.

 

Lieblingsgetränk?: Kaffee

 

Lieblingsschreibort?: Mein Büro

 

Hobbies?: Lesen, Malen, Diamond Painting, Spazierengehen mit meinem Hund

 

Lieblingstier?: Lord, mein rumänischer Schäferhund

 

 

 

Vielen Dank für das nette Interview!