Plottest du noch oder schreibst du schon?

Wenn man einen Roman schreiben möchte, stellt sich irgendwann die Frage: wie fange ich an? Das ist wirklich bei jedem absolut verschieden, manche beginnen vielleicht damit sich einen Titel auszudenken, andere haben schon ein oder zwei Figuren im Kopf, andere die ersten Szenen oder gar den ersten Satz oder im allerbesten Fall kennen sie schon die ganze Geschichte mit Anfang, Mitte und Ende. Letzteres habe ich persönlich noch nicht erlebt. Das liegt daran, dass ich ein Bauchschreiber bin oder Drauflosschreiber. Bei meinem ersten fertiggestellten Roman fing es so an: Eines Abends fiel mir ein Titel ein (der es tatsächlich auch fast geblieben ist), dann hatte ich den ersten Satz im Kopf und dann habe ich angefangen zu schreiben. Nach ein paar Seiten habe ich aber überlegt: wo will ich denn überhaupt hin? Muss ich nicht zuerst plotten, dieser Begriff war mir bereits begegnet? Ich begann also meine Internetrecherche, da gab es auf einmal tausend Hinweise darauf, wie man plotten könnte. Schneeflockenmethode, Dominomethode, Drei-Akt-Modell, Fünf-Akt-Modell und all diese Namen, die mir erstmal gar nichts gesagt haben. Gut, habe ich gedacht, probiere ich es eben mal aus. Ich habe mich also hingesetzt und wollte überlegen, worum es in meiner Geschichte gehen sollte (das war einfach: eine Liebesgeschichte und Vampire), dann habe ich überlegt: wie viele Figuren brauche ich? Und da fing es schon an, schwieriger zu werden - natürlich erstmal zwei Figuren. Die, die nachher zueinander finden sollen (oder eben nicht, aber da ich ein Verfechter von Happy Ends bin, stand das eigentlich schon fest). Aber wen brauche ich noch? Einen Antagonisten vielleicht? Freunde der Hauptfiguren? Familie? Arbeitskollegen? Keine Ahnung. Denn ich wusste ja gar nicht, was in der Geschichte passieren würde, also außerhalb der Liebesgeschichte. Ich habe überlegt und überlegt, war aber mit keiner Idee so richtig zufrieden, weil ich immer das Gefühl hatte, das gab es doch alles schon.

 

Irgendwann habe ich wieder einmal im Internet gesurft und stieß auf den Begriff "Drauflosschreiber". Das war interessant, hier stand, dass manche Autoren auch einfach mit der Geschichte anfangen und so tatsächlich einen ganzen Roman schreiben können. Ganz ohne vorheriges stunden- oder tagelanges plotten. Das klang verlockend, also habe ich es ausprobiert. Und siehe da: auf einmal hatte ich fünfzig Seiten geschrieben, was mir vorher noch nie passiert war. Alle Romananfänge dümpelten bei zehn oder zwanzig Seiten herum und es ging nicht weiter. Vielleicht lag es auch an dieser speziellen Geschichte, den Figuren, die mir sofort ans Herz gewachsen sind, wer weiß. Auf jeden Fall habe ich es dieses Mal geschafft zuende zu schreiben, zwischendurch habe ich immer mal angehalten und wieder über Dinge nachgedacht, mir Lösungen überlegt, Notizen gemacht, vielleicht einen Zeitstrahl oder einen Charakterbogen ausgefüllt. Das ist also meine Art des plottens, ich mache es zwischendurch nach keinem speziellen Schema. So komme ich am besten zurecht. Das richtige Strukturieren passiert erst hinterher, beim Überarbeiten.

 

Mein zweites Problem war der Anspruch direkt einen guten Text zu haben, mit wenig Wiederholungen und vom Stil her lesbar. Das geht natürlich nicht, zumindest komme ich so einfach nicht weiter und bin irgendwann genervt, dass die Seitenzahl einfach gar nicht mehr wächst. Ich habe also aufgehört immer wieder nachzulesen, was ich am Tag zuvor geschrieben hatte und habe einfach weitergeschrieben. Bis ich am Wörtchen "Ende" angekommen war. Natürlich war der Roman dann noch nicht fertig, aber das wusste ich noch nicht. Ich war ganz glücklich und euphorisch und habe nach einmal Drüberlesen und hier und da kleine Typos korrigieren meine allerersten Betaleser mit meinem Text beglückt (das waren zuerst ohnehin Familie und Freunde). Dass ich fertig war, war natürlich ein Trugschluss, der Roman ist erst jetzt (vier Jahre später) wirklich fertig, zumindest so fertig, wie er werden wird, denn er befindet sich derzeit im Korrektorat. Dazwischen kamen aber noch diverse Überarbeitungsrunden, Betaleser, Bewerbungen und Pausen, denn ich hatte gelernt, dass man einen Text am besten erst einige Tage, wenn möglich sogar Wochen liegenlasse sollte, bevor man ihm irgendwem zu lesen gibt oder gar annimmt, er wäre fertig. Beim Überarbeiten beginnt bei mir erst die wirkliche Arbeit, aber dazu später mehr.